Während der Kuba-Krise 1962 steigerte sich die Auseinandersetzung der Supermächte USA und UdSSR auf eine neue Stufe. Die Gefahr einer militärischen Konfrontation war 1962 größer als jemals zuvor und jemals danach: Der Kalte Krieg erreichte einen ersten Höhepunkt. Sogar das Risiko eines Atomkriegs bestand und wurde erstmals weltweit einer breiten Öffentlichkeit bewusst. Erfahren Sie mehr über die Geschichte der Kuba-Krise. Dabei werden die Ursachen, die Vorgeschichte, der Verlauf und schließlich Lösung & Folgen der Kuba-Krise ausführlich behandelt.
Am Beitragsende findet sich eine
Zusammenfassung (Link)
1962 entging die Welt nur um Haaresbreite einem „atomaren Overkill“. Neuere Forschungen haben dargestellt, wie knapp die Welt dabei am Rand der Vernichtung stand. Die spektakuläre Krise und der dramatische Höhepunkt im Oktober 1962 haben eine lange Vorgeschichte. Zum besseren Verständnis ist es wichtig zu wissen, dass die amerikanisch-kubanischen Beziehungen lange Zeit von großer Nähe – aber auch starker Einseitigkeit – geprägt gewesen waren.
1. Ursachen und Vorgeschichte der Kuba Krise
Die besonderen Beziehungen der USA zu Kuba gehen schon auf das 19. Jahrhundert zurück. 1898 im spanisch-amerkanischen Krieg – dem sog. „splendid little war“ – hatten die Amerikaner den Einfluss der spanischen Krone auf Kuba endgültig gebrochen und Kuba aus Spaniens mittel- und südamerikanischen Kolonialreich herausgelöst. Danach geriet die Insel nach und nach in totale wirtschaftliche Abhängigkeit zu den Amerikanern, vor allem bedingt durch die geografische Nähe zu den USA und dei unterschiedlichen Größen- und Machtverhältnisse. Auf dem Höhepunkt der amerikanischen Macht munkelte man im Kreise der kubanischen Eliten sogar, dass nicht der kubanische Präsident der mächtigste Mann in Kuba sei, sondern der amerikanische Botschafter. Sogar die Annexion Kubas war von den USA mehrfach erwogen worden. Fest steht, dass Kuba im Laufe der Zeit in eine nahezu totale Abhängigkeit zum großen Nachbarn USA geriet. Die Amerikaner betrachteten Kuba fortan als ihre alleinige und unbedingte Einflusssphäre.
1.1 Das Ende des US-Einflusses auf Kuba und die Machtübernahme Fidel Castros
Der übermäßige amerikanische Einfluss allerdings endete 1959 relativ abrupt. Fidel Castro und Che Guevara gelang es Ende der 1950er Jahre, dem pro-amerikanischen Diktator Fulgencio Batista die Macht auf Kuba durch einen geschickten, grausamen und noch immer oft verklärten Guerilla-Krieg zu entreißen. Die Amerikaner hatten es zuvor nicht vermocht bzw. waren nicht entschlossen genug gewesen, den im Volk verhassten Despoten abzusetzen und durch einen anderen, ihnen wohlgesonnenen Staatschef zu ersetzen.
Fidel Castro begann bald nach der Machtübernahme, eine Revolutionsregierung der nationalen Einheit zu bilden. Erschießungskommandos unter der Befehlsgewalt Che Guevaras erledigten derweil die politische Säuberung Havannas in einer Hafenfestung vor den Toren der Stadt. In Standgerichten wurde radikal und endgültig gegen echte und vermeintliche Anhänger des ehemaligen Regimes vorgegangen. Waren anfangs noch verschiedene oppositionelle Strömungen gegen Batista in der neuen Regierung vereint gewesen, konnte die kommunistische Fraktion schon bald ihren Kurs durchsetzen. Dies sollte massive Auswirkungen auf das kubanisch-amerikanische Verhältnis haben.
So begann Fidel Castro bald, die kubanische Industrie zu verstaatlichen und umfangreiche Kollektivierungen durchzuführen. Allerdings hielten in manchen Industrien, wie z. B. der Rohstoffförderung, amerikanische Firmen bis zu 90 Prozent der Firmenanteile. Diese nach kapitalistischen Marktregeln wirtschaftenden Firmen enteignete die kubanische Revolutionsregierung oft entschädigungslos.
Insgesamt verloren amerikanische Industrielle und Investoren große Summen, die Schätzungen zufolge einem heutigen Gegenwert von 7 Milliarden Dollar entsprechen. So litten die amerikanischen Interessen unter der Machtübernahme Fidel Castros stark. Die Insel war quasi über Nacht amerikanischem Einfluss und amerikanischer Kontrolle entrissen und amerikanische Wirtschaftsinteressen massiv verletzt worden. Diese radikalen Veränderungen auf Kuba konnten nicht lange ohne amerikanische Antwort bleiben. nach oben ↑
1.2 Konsequenzen der Machtübernahme Fidel Castros
Wie gezeigt, führte die Machtübernahme Fidel Castros auf Kuba zur massiven Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen der USA. Aber unter der Machtübernahme der Kommunisten in Kuba litt nicht nur die amerikanische Wirtschaft. Bedeutender noch gestaltete sich die Tatsache, dass der amerikanische Nationalstolz massiv gelitten hatte, betrachteten die USA Kuba doch nahezu als Protektorat. Den überragenden Einfluss der Vergangenheit wollte die Supermacht nicht einfach auf- bzw. abgeben. Besonders unvorstellbar erschien eine Machtübergabe zu Zeiten des Kalten Krieges an Kommunisten.
Aus diesem Grund unterstützte die amerikanische Regierung ab 1960 die kubanische Opposition in all ihren Schattierungen. Auch Gruppen, die vor Terror-, Sabotage- und Mordversuchen gegen Castro nicht zurückschreckten, wurden oft massiv vom CIA unterstützt. Als sämtliche Maßnahmen scheiterten, ersann der CIA immer obskurere Methoden um Fidel Castro zu demütigen und – wenn möglich – zu liquidieren. Die Enthaarungscreme in den Stiefeln von Fidel Castro stellte dabei die komischere, die vergifteten Zigarren die brutalere Variante dar.
1.3 Kubas Aufnahme von diplomatischen Beziehungen zur UdSSR und das US-Wirtschaftsembargo
Diese teilweise aberwitzigen amerikanischen Subversionsversuche waren im Mai 1960 ein weiterer Grund für Kuba, diplomatische Beziehungen zu den UdSSR aufzunehmen, die für Fidel Castro mit persönlichen Beziehungen zum Generalsekretär der KPdSU, Nikita Chruschtschow, einhergingen. Fidel Castro versprach sich durch die russische Unterstützung nicht nur Beistand für seine Revolution im eigenen Land. Castros (und Che Guevaras) Pläne gingen weiter. Mit Unterstützung der UdSSR wollte Castro ein leuchtendes Beispiel für die nationale Unabhängigkeit Lateinamerikas vorgeben. So hoffte er, über das kubanische Exempel den Kommunismus weiter in Lateinamerika verbreiten zu können. Militärische Unternehmungen in diese Richtung unternahm Che Guevara noch lange nach Ende der Kuba-Krise; er bezahlte diese Bemühungen 1967 in Bolivien mit dem Leben.
Vor allem wegen dieser befürchteten Vorbildwirkung werteten die USA diese kubanischen Bemühungen und die Unterstützung Chruschtschows dafür als inakzeptablen Versuch, in die klassische Einflusssphäre der USA in Mittel- und Südamerika einzudringen. Die USA verschärften deswegen ab Oktober 1960 ihren Kurs gegenüber Kuba weiter. Schrittweise begannen die Amerikaner mit der Verhängung eines Wirtschaftsembargos über Kuba. Das Embargo – das ursprünglich erst aufgehoben werden durfte, wenn Kuba alle amerikanischen Unternehmen für die Enteignungen entschädigt hätte – wurde bis heute nicht vollständig abgeschafft. Erst Anfang 2015 traten im Zuge der Entspannungspolitik im kubanisch-amerikanischen Verhältnis unter Präsident Obama und Fidel Castros Bruder „Raul“ erste, aber recht umfangreiche Lockerungen in Kraft. Trotzdem gilt das Handelsembargo noch heute als das am längsten andauernde Embargo der Welt.
Wiederum als Reaktion auf das Embargo sagte die Regierung der UdSSR umfassende Wirtschaftshilfen für Kuba zu. Auch auf diese wirtschaftspolitischen Maßnahmen ließ eine Reaktion der USA nicht lange auf sich warten: Anfang 1961 brachen die Amerikaner die diplomatischen Beziehungen zu Kuba ab.
Trotzdem nahm der innen- und geopolitische Druck auf die USA weiter zu, das kubanische Regime notfalls mit dem Einsatz von Gewalt zu stürzen. Schon im März 1960 hatte Präsident Eisenhower deswegen eine neue CIA-Geheimoperation ins Leben gerufen. Dieser groß angelegte, paramilitärische Geheimeinsatz wurde vom CIA durchgeführt und sah als Endziel die Invasion Kubas durch pro-amerikanische (Exil-)Kubaner vor. Erst 90 Tage im Amt, genehmigte der neue amerikanische Präsident John F. Kennedy die Ausführung der Operation. Sie ging unter dem Code-Namen „Zapata” in die Geschichte ein und endete als großes Desaster. Kennedy sollte seinen Entschluss schon bald bitter bereuen.
1.4 Operation Zapata – Die gescheiterte Invasion in der Schweinebucht
Die Operation Zapata startete am 15. April 1961. Dabei landete eine vom CIA in Guatemala ausgebildete und ausgerüstete Invasions-Einheit von Exil-Kubanern in der sog. „Schweinebucht“ auf Kuba. Das Ziel der Mission, der Sturz Fidel Castros, scheiterte aber grandios. Die pro-amerikanischen Militäreinheiten wurden von kubanischen Regierungstruppen aufgerieben, getötet oder festgenommen. Die Gründe für die misslungene Invasion – die fortan auch als Fiasko oder Desaster – in der Schweinebucht bezeichnet wurde, waren vielfältig. Das Scheitern lag beispielsweise in einer dilettantischen Vorbereitung, der mangelnden Aufstandsbereitschaft der Bevölkerung gegen Castro und im Ausbleiben der geplanten amerikanischen Luftunterstützung begründet. Abstruserweise berücksichtigten die in Venezuela stationierten Piloten der US Air Force den Zeitunterschied zu Kuba nicht und kamen zu spät. Als sich dann ein Scheitern der Mission andeutete, verweigerten die offiziellen Einheiten der US-Armee den kubanischen Verbündeten weitere Unterstützung. Die gescheiterte Invasion in der Schweinebucht war ein politisches Debakel für die Vereinigten Staaten und hatte scharfe Kritik im In- und Ausland zur Folge. Die frisch gewählte Regierung Kennedy musste schon am Beginn ihrer Amtsperiode einen massiven Vertrauensverlust hinnehmen. Diese Niederlage konnte Kennedy, als äußerst ehrgeiziger Mensch, aber keinesfalls akzeptieren.
1.5 Sturz Castros, 2. Versuch – Die Operation Mongoose
Mehr als je zuvor war Kennedy nun entschlossen, das Castro-Regime zu beseitigen. Kennedy genehmigte eine weitere CIA-Operation. Sie trug den Codenamen „Mongoose“, war mit einem Jahresbudget von 50.000.000 $ ausgestattet. Es beteiligten sich über 400 CIA-Agenten. Seit Januar wurde Miami deswegen zur CIA-Basis ausgebaut. 3.000 Exil-Kubaner und eine eigene Flotte waren dem CIA dort unterstellt. Gleichzeitig wurden im Pentagon „Notfallpläne“ entworfen, wie Kuba notfalls auch militärisch eingenommen werden könnte.
Die Aktivitäten in Miami – sozusagen „genau vor seiner Haustüre“ – blieben Fidel Castro nicht lange verborgen. Die Bedrohung durch die USA wurde für das kubanische Regime immer greifbarer. Fidel Castro befürchtete eine unmittelbar bevorstehende Invasion. Mit der Bitte um militärische Unterstützung wandte er sich ein weiteres Mal an seinen – damals noch – guten Freund im Kreml: Nikita Chruschtschow. Der KPdSU-Generalsekretär ließ sich die Chance nicht nehmen, für die amerikanische Stationierung von Mittelstrecken-Atomwaffen in Italien und der Türkei ab 1959 Revanche zu nehmen. Die Sowjetunion startete nun ihrerseits eine Geheimoperation. So begann im Juni 1962 die größte russische Geheimoperation des Kalten Kriegs: Die Operation „Anadyr“. Die damit verbundene Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen löste schließlich die heiße Phase der Kuba-Krise aus. nach oben ↑
2. 16. Oktober 1962 – Beginn der Krise
Kurz nachdem Nikita Chruschtschow die Operation „Anadyr“ genehmigt hatte, wurde im Geheimen damit begonnen, insgesamt 40 atomar bestückte Mittelstreckenraketen aus der UdSSR nach Kuba zu verlegen. Als amerikanische Geheimdienste von den Atomwaffen erfuhren, berief Präsident Kennedy am 16. Oktober 1962 das sogenannten ExComm als außerordentlichem Krisenstab ein. Lesen Sie im folgenden Abschnitt alles rund um die erste Sitzung des ExComms und jenen 16. Oktober – den Beginn der heißen Phase der Kuba-Krise.
Zunächst konnte die Operation Anadyr, in deren Rahmen insgesamt 40 atomar bestückte Mittelstreckenraketen nach Kuba verlegt werden sollten, wie geplant geheim ablaufen. Die sowjetischen Schiffe, die kubanische Häfen im Laufe der Operation nun öfters anliefen, gerieten aber mehr und mehr in den Fokus amerikanischer Aufklärungstätigkeit. Auch den Verwandten von Exil-Kubanern blieben die russischen Aktivitäten nicht auf Dauer verborgen. So machten bald Gerüchte über die Stationierung „von sowjetischen Raketen“ in Kuba die Runde. Sie sickerten langsam von den kubanischen Lokalen Miamis zu den amerikanischen Nachrichtendiensten durch. Der CIA verfolgte die Transporte mit der Zeit immer aufmerksamer. Am 16. Oktober begann, durch eindeutige Aufklärungsfotos, geschossen von einer amerikanischen „Lockheed U2 Dragon Lady“, die eigentliche Kuba-Krise.
2.1 Beginn der Krise und Einrichtung des „ExComms“
U2-Aufklärungsflüge hatte es schon seit Oktober 1960 über Kuba gegeben. Am 14. Oktober 1962 aber schoss ein amerikanischer U2-Aufklärungsjet eindeutige Bilder, die den Aufbau von sowjetischen atomaren Mittelstreckenraketen belegten. Am 15. Oktober war die Auswertung des Materials abgeschlossen. Die Militärs informierten US-Präsident Kennedy am Morgen des 16. Oktobers über den bedrohlichen Stand der Dinge. Es herrschte heillose Aufregung in Washington. Als erste Reaktion auf die nun offensichtlich gewordene Bedrohung berief Kennedy das sog. „ExComm“ ein. Dieser außerordentliche, zunächst geheime Krisenstab sollte Geschichte schreiben, auch weil Historiker besonders detailliert über die Verhandlungen des Gremiums informiert sind. Kennedy ließ eigens für die Dokumentation der Sitzungen eine Wanze in den Tagungsort im Weißen Haus einbauen. Allerdings sind die Aufzeichnungen nicht lückenlos, da Kennedy die Sprachaufzeichnungen nach Gutdünken starten und auch wieder beenden konnte. Er machte von dieser Möglichkeit auch Gebrauch, sodass diese Quelle mit Bedacht herangezogen werden muss.
Im weiteren Verlauf der Krise sollte sich das ExComm in zwei Fraktionen teilen (die vollständige Besetzung, siehe Link, und ausführliche Biografien vieler Teilnehmer gibt es hier). Die sog. „Falken“ befürworteten einen schnellen Militärschlag und die Beseitigung Castros. Auf der anderen Seite stand die Riege der „Tauben“, die vor allem auf Diplomatie setzte. Allerdings waren sich alle Beteiligten von Anfang an einig: Die Raketen müssen weg!
Die wichtigsten Mitglieder des ExComms waren neben Präsident Kennedy selbst dessen Außenminister Dean Acherson, Kennedys nationaler Sicherheitsberater McGeorge Bundy, Außenminister Dean Rusk und Kennedys wichtigster Vertrauter und gleichzeitig der Bruder des Präsidenten Robert (Bobby) Kennedy. Diese ExComm-Mitglieder können als gemäßigte Falken bezeichnet werden, unterstützten Kennedy aber bei all seinen wichtigen Entscheidungen, auch wenn diese nicht auf der Linie der radikalen Falken lag. Auch der Vorsitzende der vereinigten Stabschefs Taylor D. Maxwell – ein ausgewiesener Falke – unterstützte Kennedy in letzter Instanz.
Die kompromisslosen Falken im ExComm aber gingen weiter und stellten Entscheidungen des Präsidenten durchaus infrage, wenn ihnen diese nicht radikal genug erschienen. Die Falken-Fraktion wurde angeführt vom Stabschef der US Air Force, Curtis LeMay. Der Oberkommandierende der amerikanischen Luftstreitkräfte hatte sich als fanatischer Antikommunist den Spitznamen „Mr. Atom Bomb“ zugelegt und sprach sich zu jeder Gelegenheit für einen direkten, harten und sofortigen Militärschlag aus. Einig war sich LeMay dabei meist mit CIA-Direktor John A. McCone und dem Staatssekretär für internationale Angelegenheiten im Verteidigungsministerium, Paul H. Nitze. Beide machten sich ebenfalls als kompromisslose Falken einen Namen. Verteidigungsminister Robert McNamara führte die Fraktion der Tauben an, die neben ihm noch einige weitere Berater Kennedys und Staatssekretäre umfasste. McNamara wurde von den meisten Militärs deswegen als „Weichei“ verachtet.
2.2 Das ExComm tritt zusammen
In einer ersten Sitzung des neu konstituierten Gremiums plädierte Verteidigungsminister Robert McNamara zunächst sogar noch für einen Luftangriff. Zum Ärger der Militärs gab er aber zu bedenken, dass Luftschläge nur sinnvoll seien, solange die Raketen noch nicht einsatzbereit wären. Vorsorglich wies US-Präsident Kennedy seine Stabschefs an, Luftangriffe und eine mögliche Invasion vorzubereiten und die Voraussetzungen dafür zu klären. Am Abend des 16. Oktobers fand noch eine zweite Sitzung statt, in der Verteidigungsminister Robert McNamara drei mögliche Reaktionsvarianten auf die Raketen-Stationierung der Sowjets vorstellte: Erstens direkte Gespräche mit Chruschtschow und Castro, zweitens eine See-Blockade Kubas mit gleichzeitiger massiver Kriegsdrohung im Falle einer offensiven Kriegshandlung der UdSSR und drittens ein massiver Luftschlag gegen Kuba. Auch wenn die ExComm-Mitglieder an diesem ersten Tag der Kuba-Krise noch keine konkreten Entscheidungen getroffen hatten, lagen bereits alle Optionen auf den Tisch, um die sich die Diskussion in den nächsten Tagen drehen sollte. Kennedy brachte in dieser Sitzung auch eine seiner zentralen Überzeugungen ein, die ihn im Rahmen der Kuba-Krise immer wieder beschäftigen sollten. Kennedy ging davon aus, dass die Sowjets über die Raketen auf Kuba Druck in der Berlin-Frage ausüben wollten. Schon die ersten beiden Sitzungen des ExComms warfen somit ihre Schatten auf die dramatischen Entwicklungen voraus, welche die Welt in den berühmt gewordenen „13 Tagen im Oktober 1962“ in Atem halten sollten. nach oben ↑
3. 17. bis 19. Oktober 1962 – Falken und Tauben
Am 16. Oktober 1962 waren Kennedy eindeutige Aufnahmen der akuten Bedrohung durch sowjetische Mittelstreckenraketen auf Kuba vorgelegt worden. Die heiße Phase der Kuba-Krise begann und in den folgenden Tagen rang US-Präsident Kennedy zusammen mit dem ExComm – einem Krisenstab hochrangiger Politiker, Sicherheitsexperten und Militärs – um eine angemessene Reaktion. Neue Luftaufnahmen am 18. Oktober sorgten nicht nur an diesem Tag für hitzige Diskussionen im ExComm.
Auch am 17. Oktober tagte das ExComm zweimal. Kennedy selbst nahm an diesen Beratungen allerdings nicht teil. Noch hatte das politische Leben in Washington ein Stück weit seine Normalität behalten und Kennedy befand sich wie geplant auf einem Wahlkampf-Auftritt in Connecticut. Von der Normalität sollte sich das politische Geschehen aber bald Stück für Stück entfernen.
Auch an diesem Tag endeten die Beratungen des ExComms ohne konkrete Ergebnisse. Bemerkenswert bleibt, dass die Mitglieder die Kuba-Krise erneut in Zusammenhang mit der Berlin-Frage brachten. Einigkeit herrschte unter den Angehörigen, dass die Verletzlichkeit der amerikanischen Position in Berlin einen großen Risikofaktor im Falle möglicher Luftangriffe darstellte. Bei der Frage, Luftangriffe oder See-Blockade, ging allerdings weiterhin ein Riss durch das Gremium. Einige Anhänger der Falken-Fraktion kritisierten die Blockade-Variante als „Appeasement-Politik“. Mit Dean Acherson war man sich einig, dass eine Blockade, genauso wie in den 1930er Jahren, in die Katastrophe münden würde.
3.1 18. Oktober – Die Lage spitzt sich zu
Am Morgen des 18. Oktobers spitzte sich die Lage weiter zu. Neue U2-Aufklärungsfotos vom 17. Oktober lagen vor und zeigten neue Abschussrampen für sowjetische Langstrecken-Raketen und IL-28 Atombomber auf Kuba. Schon früh am Morgen tagte das ExComm. Mittlerweile hatte sich Verteidigungsminister McNamara der Haltung der vereinten Stabschefs angenähert. Er plädierte für die sofortige Vorbereitung von Luftangriffen. Im Gegensatz zu hochrangigen Militärs meinte er allerdings, dass ein sofortiges Losschlagen verfrüht wäre. Sehr zum Ärger der Militärs tendierte er in Richtung der See-Blockade als ersten Schritt. Allerdings wurde nicht nur mit den Säbeln gerasselt. Einige Tauben im ExComm äußerten auch moralische Bedenken gegen einen Überfall per Luftangriff. Die Mahner stellten der Appeasement-Politik den Fall Pearl Harbor als das Gegenbeispiel übermäßiger Aggression gegenüber.
Kennedy kehrte im Verlauf des Tages von seiner Wahlkampfreise nach Washington zurück. Am frühen Abend fand er sich mit dem sowjetischen Außenminister Andrej Gromyko zu einer Besprechung zusammen. Auch wenn sich das Treffen vornehmlich um die Berlin-Frage drehte, ging auch dieses Gespräch in die Geschichtsbücher der Kuba-Krise ein. Kennedy machte gegenüber Gromyko deutlich, dass die USA keine Offensivwaffen auf Kuba akzeptieren würden. Gromyko versicherte Kennedy aber, dass auf Kuba lediglich defensive Waffen stationiert würden. Für Kennedy war Gromyko von diesem Abend an nur noch „the bastard, that lies“.
Bei einem gemeinsamen Abendessen am späten Abend berieten Präsident Kennedy und sein Bruder noch eine mögliche See-Blockade Kubas. Außerdem anwesend war der erfahrene Politik-Berater Robert Lovett. Kennedy vertraute Lovett und schenkte ihm in wichtigen Situationen gerne seine Aufmerksamkeit – ganz im Gegensatz zu Kenny O’Donnell, der in der bekannten Verfilmung der Kuba-Krise „Thirteen Days*“ eine Hauptrolle als Politikberater Kennedys einnimmt. Im wirklichen Verlauf der Krise spielte Kenny O’Donnell dagegen nur eine marginale Nebenrolle als „Beisitzer“ im ExComm.
Allerdings war auch nach diesem Abendessen das politische Tagewerk für die wirklich wichtigen Entscheidungsträger in Washington noch nicht getan. Denn auch das ExComm „tagte“ in dieser Nacht noch einmal. Bei einer Probe-Abstimmung votierten elf Mitglieder für eine See-Blockade, sechs für sofortige Luftangriffe.
3.2 19. Oktober – Verhärtung der Fronten im ExComm
Am 19. Oktober reiste Kennedy noch einmal zu einer Wahlkampfveranstaltung nach Chicago. Vor seinem Auftritt fand sich Kennedy aber noch zu einer wichtigen Sitzung mit den Stabschefs der Armee im Weißen Haus zusammen. Dabei drängten die Stabschefs den Präsidenten zu einem Luftschlag mit anschließender Invasion. Kennedy verharrte in seiner skeptischen Position. Sein Hauptargument gegen Luftschläge blieb eine mögliche Einnahme Berlins als Reaktion der Sowjets auf den Angriff. Diese Sondersitzung mit den Militärs sollte die einzige dieser Art während der gesamten Krise bleiben. Grundsätzlich schätzte Kennedy den Rat der Stabschefs nicht besonders und traf seine Entscheidungen lieber auf Grundlage von Besprechungen mit Spezialisten aus dem zivilen Bereich.
Schon bald danach brach Kennedy nach Chicago auf. Öffentlich demonstrierte man am 19. Oktober in Washington noch „business as usual“, hinter den Kulissen hatte die Kuba–Krise die Politik aber schon fest im Griff. So tagte das ExComm den gesamten Tag. Dabei verhärteten sich die Fronten zwischen den Falken und den Tauben weiter. Als einziges greifbares Ergebnis vereinbarte man die Bildung zweier Arbeitsgruppen, die jeweils Argumente für Luftschläge und für eine Seeblockade finden sollten. nach oben ↑
4. 20. bis 23. Oktober 1962 – Die See-Blockade
Nachdem sich schon im letzten Abschnitt die Lage weiter zugespitzt hatte, stieg die Kriegsgefahr vom 20. bis zum 23 Oktober weiter. Am Mittag des 20. Oktobers entschied sich Präsident Kennedy, seine Wahlkampfreisen abzubrechen, um sich ganz der bedrohlichen Situation auf Kuba zu widmen. Kennedy traf eine weitere Entscheidung, die wohl wichtigste, aber auch schwerste seines Lebens: Kennedy ordnete die Verhängung einer See-Blockade an, in einem Radius von 1.250 Kilometern um Kuba herum. In seiner weltberühmten Rede verkündete Kennedy diesen Entschluss und drohte mit der atomaren Vernichtung Moskaus, sollte die Sowjetunion einen Angriff auf die USA wagen.
Am Morgen des 20. Oktobers wiesen die US-Stabschefs ihre Truppen-Kommandeure und die Nato-Verbündeten auf die immer weiter steigende Kriegsgefahr hin. Am Mittag des 20. Oktobers entschied sich dann Kennedy seine Wahlkampfreisen abzubrechen und kehrte nach Washington zurück – zur wohl wichtigsten ExComm Sitzung der Kuba-Krise. Die Protokolle beschreiben eine äußerst turbulente Zusammenkunft der Top-Entscheidungsträger. Kennedy erweckte zunächst den Anschein, als käme für ihn nur noch eine militärische Lösung der Krise infrage. Nach einigen Schwenks und Wendungen entschied er sich dann doch für eine See-Blockade. Gleichzeitig erging allerdings der Befehl Kennedys, konkrete Pläne und Vorbereitungen für Luftschläge und eine Invasion Kubas auszuarbeiten. Trotz intensiver Spionagetätigkeit wusste der CIA zu diesem Zeitpunkt nicht, dass inzwischen 42.000 sowjetische Soldaten auf Kuba stationiert waren, genauso wie 36 taktische Atom-Marschflugkörper und die bereits entdeckten Atomsprengköpfe. Alles stand bereit, die wichtigen amerikanischen Städte an der Ostküste dem Erdboden gleich zu machen.
4.1 21. bis 22. Oktober – Die Blockade
Im Vergleich zu anderen Tagen während der Kuba-Krise begann der 21. Oktober verhältnismäßig ruhig. Im ExComm besprachen die Mitglieder vor allem Themen rund um mögliche Luftangriffe, die der Blockade folgen könnten. Dabei stimmte Kennedy seinen Stabschefs zu, dass dieser Luftschlag äußerst massiv ausfallen müsste. Nicht nur die Abschussanlagen für Atomwaffen müssten im Visier stehen, sondern auch gegen MIG-Jäger und sowjetische Bomber müsste vorgegangen werden. Es gelang Kennedy, die anwesenden Verleger der großen amerikanischen Tageszeitungen davon zu überzeugen, vorläufig nicht über die sowjetischen Raketen auf Kuba zu berichten.
Die morgendliche Sitzung des ExComms am 22. Oktober drehte sich vor allem um Fragen im Zusammenhang mit der Blockade. Das ExComm beschloss eine Reihe von Maßnahmen, die alsbald umgesetzt wurden. US-Diplomaten des State Departments unterrichten die NATO-Verbündeten und UNO-Generalsekretär U Thant in einem Großeinsatz über Kennedys Pläne. In ihrer Sorge über die Stationierung der Atomraketen auf Kuba erhielten die Amerikaner viel Verständnis. Die NATO-Verbündeten sprachen Unterstützungszusagen und Beistand aus, wobei sich ein westliches Staatsoberhaupt besonders engagiert in der Unterstützung der Amerikaner zeigte: Der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer. Noch vor der Verkündung der Blockade gab die US-Militärführung die zweitletzte Stufe der Alarmbereitschaft für die weltweiten Truppenverbände vor dem Atomkrieg aus: DEFCON 3. Die US-Navy, beauftragt mit der Durchführung der Blockade, setzte 152 Schiffe, 52 Flugzeuge und 30.000 Mann Richtung Kuba in Bewegung.
Vor Kennedys Ansprache, offiziell um 1 Uhr Moskauer Zeit angekündigt, war sich Nikita Chruschtschow nahezu sicher, dass die „Geheim“-Operation Anadyr aufgeflogen war. Auch er befahl daraufhin, die Einheiten des sowjetischen Militärs in Alarmbereitschaft zu versetzen. Von diesem Befehl betroffen waren zu diesem Zeitpunkt nur die konventionellen Streitkräfte. Seine Atomstreitmacht mobilisierte der Sowjetführer zu diesem Zeitpunkt noch nicht in vollem Umfang.
Die Angehörigen des amerikanischen Kongresses und des Senats wurden von der bevorstehenden Maßnahme in einer außerordentlichen Sitzung um 17 Uhr informiert. Um 19 Uhr „Washington Time“ verkündete Kennedy dann in einer Fernsehansprache, die Verhängung einer sog. „Quarantäne“ für den 24. Oktober im Umkreis von 1.250 km um Kuba. Die Blockadezone wurde später auf 800 km verkleinert. Kein sowjetisches Schiff dürfe diese Blockade-Linie passieren. Gleichzeitig forderte der amerikanische Präsident, dass alle sowjetischen Atomraketen von Kuba abgezogen werden müssten. Im Falle eines sowjetischen Angriffs drohte Kennedy damit, Moskau durch einen atomaren Gegenschlag zu vernichten. 100 Millionen Amerikaner verfolgten die Ansprache live im TV.
4.2 23. Oktober – Reaktionen aus Moskau
Kurz nach 1 Uhr nachts Moskauer Zeit lag Kennedys Rede als offizielles Schreiben an die Sowjets vor. Chruschtschow zeigte sich zunächst erleichtert und interpretierte Kennedys Ansprache als Ultimatum, nicht als Kriegsabsicht gegen Kuba. Sogleich entwarf er ein Antwortschreiben an Kennedy, indem er Kennedys Forderungen vollends ablehnte. Gleichzeitig erhob Chruschtschow seinerseits Vorwürfe gegen Kennedy und warf ihm vor, durch „Piraterie“ die „Freiheit der Weltmeere“ zu verletzen und damit den Weltfrieden in Gefahr zu bringen. Die vier sowjetischen Schiffe mit den restlichen Atomraketen und vier U-Boote mit Atombewaffnung setzen ihren Kurs auf Kuba fort. Außerdem erhielten die auf Kuba stationierten russischen Kommandeure den Befehl, die Raketenstellungen mit besonderer Eile fertigzustellen. Die sowjetische Botschaft in Washington verbrannte noch in der selben Nacht alle Geheimdokumente und bereitete sich mit Notstromaggregaten und Sauerstoffvorräten auf Stromabschaltungen und Angriffen mit chemischen Waffen vor.
Früh am nächsten Morgen erteilte Kennedy die Freigabe für weitere U2-Aufklärungsflüge. Gleichzeitig diskutierte das ExComm die Konsequenzen möglicher Abschüsse von Aufklärungs-Flugzeugen. Am Abend unterschrieb Kennedy die offizielle Proklamation der Blockade. Sie sollte am 24. Oktober um 10 Uhr in Kraft treten und von 16 Zerstörern, drei Kreuzern und einem Flugzeugträger durchgeführt werden, unterstützt durch hunderte Flugzeuge. Zudem standen weitere 150 Schiffe auf Abruf bereit. Die Kuba-Krise spitzte sich weiter zu und brachte die Welt immer näher an den Rand eines Atomkriegs. Das Gefühl der Bedrohung nahm stetig zu. Für die Regierungsmitglieder in Washington wurden Aufnahmepunkte für die Abholung durch einen Hubschrauber festgelegt, der sie zu einen atomwaffen-sicheren Bunker fliegen sollte. Langsam aber sicher machte sich die Angst vor einem nahenden Weltuntergang in Washington breit. nach oben ↑
5. 24. bis 26. Oktober – Die Eskalation und erste Lösungsansätze
Unser Beitrag zur Kuba-Krise nähert sich ihrem Ende: Als Reaktion auf die fortgesetzte Stationierung von Atomraketen auf Kuba hatte Kennedy eine Blockade im Radius von einigen hundert Seemeilen um Kuba verkündet. Chruschtschow schlug zunächst eine harte Gangart gegenüber Kennedy ein. Einige Schiffe passierten die Blockade, andere änderten vorher ihren Kurs. Während sich dabei die öffentliche Anspannung in den USA immer mehr auf ihren Höhepunkt zu bewegte und die Gefahr eines Atomkriegs immer realer erschien, deuteten sich hinter den Kulissen aber erste Lösungswege an.
Am Morgen des 24. Oktobers erfuhr Nikita Chruschtschow, dass ein sowjetischer Frachter mit 68 atomaren Sprengköpfen an Bord noch vor Beginn der Blockade einen Hafen in Kuba angelaufen hatte. Daraufhin schlug er Kennedy gegenüber eine noch härtere Gangart ein – vorerst zumindest. Chruschtschow verschickte ein Schreiben an den amerikanischen Präsidenten, indem er sämtliche Forderungen Kennedys ablehnte und ihm versicherte, dass alle sowjetischen Schiffe weiter Kurs auf Kuba halten würden.
In Washington gab Kennedy um 10 Uhr Ortszeit, zum offiziellen Beginn der Blockade, den Befehl, die Alarmbereitschaft der Streitkräfte des Strategic Air Commands auf DEFCON 2 zu erhöhen. DEFCON 1 hätte den Atomkrieg bedeutet. Insgesamt standen 2.962 Atombomben stationiert in Atomraketensilos, U-Booten und strategischen Langstrecken-Bombern bereit, 220 Ziele in der Sowjetunion dem Erdboden gleichzumachen. Um 10 Uhr begann auch die erste ExComm-Sitzung des Tages. Dort wurden die neusten Erkenntnisse der CIA bekanntgegeben: 22 sowjetische Schiffe näherten sich der Quarantäne-Linie und auf Kuba standen die sowjetischen Atomraketen-Abschussrampen kurz vor der baulichen Vollendung. Die Anspannung der ExComm-Teilnehmer stieg auf ein Maximum. Weltuntergangs-Ängste machten die Runde.
Mitten in die aufgeheizte Stimmung platzte die Nachricht, dass 6 sowjetische Schiffe ihren Kurs auf Kuba ändern würden und im Begriff sein umzudrehen. Die Erleichterung im ExComm ist in den „Abhör-Protokollen“ Kennedys quasi spürbar. Die frohe Botschaft änderte aber nichts an der Tatsache, dass andere Schiffe mit Atomraketen an Bord unverändert Kurs auf Kuba hielten. Unverändert gingen auch die Vorbereitungen für eine militärische Invasion Kubas weiter. Stündlich brachten insgesamt 40 Sonderzüge tausende neue Truppen und Kriegsgerät nach Florida.
5.1 25. Oktober – Brandbriefe und UN-Vollversammlung
Kurz nach Mitternacht „Washington Time“ erreichte Kennedy Chruschtschows „Brandbrief“. Kennedy antwortete seinerseits mit einer Art „Brandbrief“ und wiederholte seine Anschuldigungen, Chruschtschow gefährde mit den Offensivwaffen auf Kuba den Weltfrieden. Gleichzeitig häuften sich in Moskau die Meldungen, wonach eine stark erhöhte Militäraktivität der USA darauf hindeute, dass eine amerikanische Invasion Kubas kurz bevor stünde. Die Situation drohte für die UdSSR außer Kontrolle zu geraten.
Aus neu zugänglichen sowjetischen Akten geht hervor, dass Chruschtschow schon zu diesem Zeitpunkt immer schmerzlicher bewusst geworden war, dass seine Rechnung in der Kuba-Krise nicht aufgehen würde. Der Plan, mit der Stationierung der Atomraketen das strategische Gleichgewicht zugunsten der Sowjetunion zu verändern, drohte zu scheitern. Die USA agierten in der Kuba-Frage, genauso wie Ende der 50er Jahre in der Berlin-Krise, hart und kompromisslos. Chruschtschow wusste, dass die UdSSR den USA in Sachen strategischer Atombewaffnung unterlegen war. Auch im Falle eines sowjetischen Erstschlags waren die Amerikaner in der Lage, weite Teile der UdSSR mit einem atomaren Gegenschlag zu vernichten. Eine weitere Zuspitzung würde die Vernichtung der UdSSR bedeuten, sollte die Situation außer Kontrolle geraten.
Deswegen setzte sich Chruschtschow immer eingehender mit der Möglichkeit eines Teil-Rückzugs auseinander. Auf der nachmittäglichen Sitzung des Präsidiums der KPdSU entschied Chruschtschow, den Amerikanern einen Deal anzubieten: Die USA wollte durch einen Verzicht auf die Invasion Kubas der UdSSR die Möglichkeit erhalten, das Gesicht zu wahren. Im Gegenzug wolle man die Raketen von Kuba abziehen. Nichtsdestotrotz spitzte sich die Krise am karibischen Schauplatz weiter zu. Am Vormittag hatten während einer laufenden ExComm Sitzung der Öltanker „Bukarest“ und das Passagierschiff „Völkerfreundschaft“ (aus der DDR) die Blockade durchbrochen. Kennedy hatte angeordnet, die Schiffe passieren zu lassen, um Chruschtschow nicht in die Enge zu treiben.
Am Nachmittag fand in New York 15 Uhr Ortszeit die berühmteste Sitzung des UN-Sicherheitsrates während der Kuba-Krise statt. Live im Fernsehen vor Millionen von Menschen weltweit entwickelte sich ein diplomatischer Schlagabtausch. Die UN-Botschaftern Walerian Sorin (UdSSR) und Adlai Stevenson (USA) stritten um die Bewertung der Krise und vor allem um die Schuldfrage. Nachdem die US-Delegation erstmals eindeutige Aufklärungsfotos von den sowjetischen Raketenstellungen auf Kuba präsentierte, konnte Stevenson das Streitgespräch mit Sorin letztendlich für sich entscheiden. Sorin hatte zuvor die Existenz von Offensivwaffen geleugnet und konnte der Frage Stevensons, ob die UdSSR offensive Atomwaffen auf Kuba stationiert habe, nun nichts mehr entgegensetzen. Als Stevenson meinte, er könne auf eine Antwort Sorins warten, „bis die Hölle einfriert“, war die UdSSR vor versammelter Weltöffentlichkeit bloßgestellt. Stevenson war von seinen Kollegen in Washington zuvor stark unterschätzt worden.
5.2 26. Oktober – Ein „Deal“ in höchster Not?
Am 26. Oktober erreichte die öffentliche Anspannung in den USA einen neuen Höhepunkt. Mit Hamsterkäufen bereiteten sich viele Amerikaner auf einen möglichen Atomkrieg vor. Das öffentliche Leben verlangsamte sich zusehend, viele Menschen verließen ihre Häuser nur noch selten. Gleichzeitig taten die Verantwortlichen in den USA nicht viel, um für Entspannung zu sorgen. Die US Air Force führte unter der Leitung von John LeMay eine Serie Atombombentests über dem Johnston-Atoll durch. Das ExComm war davon nicht in Kenntnis gesetzt worden. Auch die UdSSR testeten als Reaktion darauf später zwei Atombomben in der Atmosphäre.
Der sowjetische Botschafter in Washington – Dobrynin – übersandte am 26. Oktober ein Telegramm an Chruschtschow, indem er die Möglichkeit einer Invasion Kubas als sehr realistisch einschätzte. Als ein Indiz dafür sah er auch die öffentliche Anspannung in den USA. Der Lagebericht Dobrynins bestärkte Chruschtschow in seiner Auffassung, dass die Lage nun entschärft werden müsse, sollten Sowjet-Russland und seine Verbündeten nicht im „atomaren Fegefeuer“ vernichtet werden. Daraufhin verfasste Chruschtschow einen mehrseitigen Brief, in dem er Kennedy anbot, keine Schiffe mehr mit Atomwaffen nach Kuba zu schicken, unter der Bedingung, dass sich dieser im Gegenzug bereit erklärte, Kuba nicht anzugreifen. Der Brief war zuvor vom Politbüro abgesegnet worden.
Ohne Kenntnis dieses Briefs tagte in Washington das ExComm. Man stellte fest, dass die Blockade zwar funktionierte, das Hauptproblem der bald vollständig funktionierenden Raketenbasen aber keinesfalls gelöst war. Infolgedessen drängten die Stabschefs und der CIA Kennedy immer vehementer zu einem Militärschlag. Die ExComm-Protokolle legen nahe, dass sich Kennedy zu diesem Zeitpunkt gedanklich immer mehr einem militärischen Vorgehen näherte. Im ExComm bestand Konsens darüber, dass die Raketen ausgeschaltet werden müssten, bevor sie einsatzbereit wären – notfalls militärisch. Was niemand wusste: Auf Kuba standen schon zu diesem Zeitpunkt alle Mittelstreckenraketen zum Einsatz bereit, in der Lage, alle amerikanische Großstädte an der Ostküste zu treffen. Zum Schutz der Raketen war eine 42.000 Mann starke, konventionelle Truppe der roten Armee auf Kuba stationiert. Als der Brief Chruschtschows das ExComm erreichte, drängten vor allem die Falken Kennedy zur Interpretation, dass es sich dabei um ein durchsichtiges Manöver Chruschtschows handle: Es wolle schlicht mehr Zeit gewinnen für den Aufbau der Raketenstellungen. In der Nacht telefonierte Kennedy mit dem britischen Premierminister MacMillian und teilte ihm mit, dass harte Maßnahmen gegen die Sowjets eingeleitet werden müssten, sollte in den nächsten beiden Tagen keine diplomatische Lösung gefunden worden sein.
Am Abend dieses spannungsgeladenen Tages deuteten sich allerdings auch Mittel und Wege an, die Kuba-Krise auf friedlichem Wege zu lösen. Ein hochrangiger KGB-Agent trat in Washington an Journalisten heran und überbrachte die Botschaft, dass „man“ bereit wäre, die Raketen unter UNO-Aufsicht gegen einen Nichtangriffspakt für Kuba abzuziehen. nach oben ↑
6. 27. Oktober – Der schwarze Samstag und die Lösung
Im Oktober 1962 hatte sich die Situation enorm zugespitzt. Gleichzeitig waren durch Geheimverhandlungen schon mögliche Wege zu einer Entspannung oder gar einer Lösung der schweren Krise aufgezeigt worden. Am 27. Oktober, der als „schwarzer Samstag“ in die Geschichte eingehen sollte, überschlugen sich die Ereignisse noch einmal und brachten die Welt an den Rand eines Atomkriegs. Direkt auf dem dramatischen Höhepunkt der Krise lenkte Chruschtschow allerdings ein.
Den Auftakt zu einer Reihe spannungsgeladener Ereignisse bildete am schwarzen Samstag ein erneuter Atomwaffentest in Cape Canaveral mit einer Interkontinental-Rakete. Die Militärs hatten es wiederum versäumt, das ExComm zu informieren. Es sollte nicht das einzige Vorkommnis bleiben. Gleich mehrere Ereignisse brachten am 28. Oktober 1962 die Situation an den Rand einer Katastrophe.
6.1 Der schwarze Samstag – Verirrte Kampfflugzeuge und auftauchende U-Boote
So verirrte sich ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug in den sowjetischen Luftraum, woraufhin es von MIG-Kampfflugzeugen verfolgt wurde. Der US-Aufklärer konnte nur um Haaresbreite entkommen und eine direkte kriegerische Auseinandersetzung zwischen den Supermächten in letzter Sekunde abgewendet werden. Auch der Luftraum über Kuba war am 28. Oktober Schauplatz dramatischer Ereignisse, als dort ein weiteres U2-Aufklärungsflugzeug abgeschossen wurde. Präsident Kennedy reagierte glücklicherweise besonnen und untersagte den Militärs einen Gegenangriff.
Am brisantesten gestaltete sich allerdings ein Zwischenfall in der karibischen See: Dort zwang ein US-Zerstörer das sowjetische U-Boot B-59 durch den Abwurf von See-Minen zum Auftauchen. Das U-Boot hatte Nuklearwaffen an Bord und um Haaresbreite wäre wirklich ein Nuklearkrieg ausgebrochen. Doch Wassili Archipow, einer der drei Offiziere an Bord des U-Boots, weigerte sich, einen atomaren Torpedo ohne weiteren Befehl aus Moskau abzuschießen. Damit bewahrte er die Welt wohl vor einem Atomkrieg.
Weiterhin schienen auch die diplomatischen Entspannungsbemühungen konterkariert, als ein weiterer Brief von Chruschtschow in Washington eintraf. Darin forderte Chruschtschow nun, dass der Raketenabzug sowohl mit einem Nichtangriffsversprechen der USA als auch mit dem Abzug der amerikanischen Jupiter-Raketen aus der Türkei verbunden sein müsse.
6.2 Letzte Chance – Geheimtreffen zwischen Robert Kennedy und Botschafter Dobrynin
Vor dem Hintergrund all dieser dramatischen Ereignisse fand um 19:45 Uhr ein Geheimtreffen zwischen Robert „Bobby” Kennedy und dem Sowjetbotschafter Dobrynin statt. Über dieses Treffen waren nicht einmal alle Mitglieder des ExComm informiert. Robert Kennedy erklärte dabei den Willen des Präsidenten, dass auch ein Abzug der in der Türkei stationierten amerikanischen Jupiter-Raketen möglich sei. Bedingung der USA wäre allerdings, dass die Öffentlichkeit nichts von diesem Teil des Deals erfuhr. Dobrynin gab diese Nachricht sofort an den Kreml weiter. Chruschtschow entschied sich noch spät nachts, das Angebot Kennedys anzunehmen und die Raketen aus Kuba abzuziehen.
6.3 28. Oktober – Erfolg der Geheimdiplomatie und Lösung der Kuba-Krise
Am Morgen des 29. Oktobers erklärt sich Chruschtschow öffentlich über Radio Moskau bereit, die Atomraketen von Kuba abzuziehen. Im Gegenzug erklärten die USA, keine Invasion auf Kuba durchführen zu wollen. Weiterhin erklärte man in einem nicht-öffentlichen Beschluss, die Jupiter-Raketen aus der Türkei abzuziehen. Auch die Sowjets wahrten, wie vereinbart, Stillschweigen. Die Kuba-Krise, welche die Welt näher an den Rand eines Atomkriegs gebracht hatte als jemals zuvor, war gelöst, auch wenn sich Fidel Castro von den Sowjets auf Schlimmste verraten und verkauft fühlte. Auch wenn von derben Wutanfällen berichtet wurde, bei denen Fidel Castro Chruschtschow einen dreckigen Verräter nannte. Die direkte und bedrohliche Konfrontation der Supermächte während der Kuba-Krise führte zu einer Entspannung im Kalten Krieg – zumindest zunächst.
So erfolgte nach der Beinahe-Nuklearkatastrophe eine schrittweise Neuordnung der internationalen Beziehungen. Nachdem den Führern in Ost und West die Gefahr eines „real existierenden“ Atomkriegs in der Kuba-Krise direkt und unmittelbar vor Augen geführt worden war, leitete die Krise eine Phase der vorübergehenden Entspannungspolitik ein. Für die USA bedeutete dies den Übergang zur militärischen Strategie der „Flexible Response“. Chruschtschow trug seinerseits durch die Rückbesinnung zum Konzept der „Friedlichen Koexistenz“ zur vorübergehenden Entspannung im Kalten Krieg bei.
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Anhang: Zusammenfassung und Zeittafel – Kuba-Krise
1889
- Nachdem die USA im „splendid little war“ den spanischen Einfluss auf Kuba gebrochen haben, gerät die Insel nach und nach in totale wirtschaftliche Abhängigkeit von den Amerikanern. Die USA betrachten Kuba fortan quasi als ihr Protektorat. Ausführliche Darstellung.
1959
- Abruptes Ende des amerikanischen Einflusses auf Kuba durch die Machtübernahme Fidel Castros, der mit Hilfe von Che Guevaras Armee den pro-amerikanischen Diktator Batista in einem blutigen Guerillakrieg stürzt.
- Einer Regierung der nationalen Einheit (vereinigte Opposition gegen Batista) folgt die Machtübernahme durch die kommunistische Fraktion der Widerstandsbewegung. Es folgt die Verstaatlichung der kubanischen Industrie, die amerikanische Wirtschaftsinteressen massiv beeinträchtigt. Ausführliche Darstellung.
1960
- Um den verhassten neuen kommunistischen Führer Kubas, Fidel Castro, zu stürzen, unterstützen die USA fortan massiv die kubanische Opposition – auch terroristische Gruppierungen.
- Als Reaktion darauf nimmt Fidel Castro diplomatische Beziehungen zur UdSSR auf. Um den amerikanischen Einfluss in Latein-Amerika weiter zurückzudrängen, unterstützt KPdSU-Generalsekretär Chruschtschow die kubanische Regierung mit umfassenden Wirtschaftshilfen. Als Reaktion verhängen die USA Wirtschaftssanktionen gegen Kuba. Ausführliche Darstellung.
1961
- Die USA brechen die diplomatischen Beziehungen zu Kuba ab. Der neue amerikanische Präsident Kennedy genehmigt eine 1960 von Präsident Eisenhower ins Leben gerufene CIA-Geheimoperation (Codename „Zapata“), die es einer Armee von Exil-Kubanern ermöglichen soll, Fidel Castro zu stürzen.
- Die sogenannte „Invasion in der Schweinebucht“ scheitert an teilweise haarsträubenden Planungsfehlern. Die exil-kubanische Armee wird aufgerieben und muss aufgeben, nachdem die amerikanische Regierung weitere Unterstützung verweigert. Ausführliche Darstellung.
- Präsident Kennedy ist nun entschlossener denn je, Fidel Castro zu stürzen und genehmigt die „Operation Mongoose“ mit einem Jahresbudget von 50 Millionen Dollar. Als Fidel Castro von den neuen Bedrohung erfährt, wendet er sich erneut an Chruschtschow. Der KPdSU-Generalsekretär beginnt daraufhin, Atomraketen auf Kuba zu stationieren. Zunächst kann die Operation „Anadyr“ wie geplant im Verborgenen ablaufen. Ausführliche Darstellung.
1962
16. Oktober
- Beginn der heißen Phase der Kuba-Krise, als die sowjetische Geheimoperation auffliegt: Präsident John F. Kennedy werden Aufklärungsfotos vorgelegt, die eindeutig den Aufbau von sowjetischen atomaren Mittelstreckenraketen-Basen auf Kuba belegen.
- Als Reaktion darauf beruft Präsident Kenedy das ExComm ein: Der außerordentliche Krisenstab hochrangiger Militärs und Experten soll eine Lösung der Krise herbeiführen und eine angemessene Reaktion der USA auf die neue Bedrohung seitens der UdSSR und Kuba finden. Ausführliche Darstellung.
17. Oktober
- Im ExComm beginnen sich zwei Fronten herauszukristallisieren: Auf der einen Seite die Fraktion der „Falken“, die das Problem der kubanischen Atomraketen durch sofortige Luftschläge und eine Invasion der Insel lösen möchte, bevor die Raketen einsatzbereit sind. Auf der anderen Seite die Fraktion der „Tauben“, welche die Krise diplomatisch lösen möchte, auf die Gefahren einer militärischen Operation hinweist und eine See-Blockade Kubas favorisiert. Ausführliche Darstellung.
18. Oktober
- Präsident Kennedy trifft den sowjetischen Außenminister Gromyko in der Botschaft der UdSSR. Gromyko leugnet die Stationierung von Offensiv-Waffen. Ausführliche Darstellung.
19. Oktober
- Öffentlich demonstriert man in Washington noch „business as usual“: Kennedy reist zu einer Wahlkampfveranstaltung nach Chicago. Hinter den Kulissen bestimmt die Kuba-Krise das politische Leben. Ausführliche Darstellung.
20. Oktober
- Kennedy beschließt, seine Wahlkampfreisen abzubrechen. Nach einer turbulenten ExComm-Sitzung entscheidet sich Präsident Kennedy für eine See-Blockade Kubas. Gleichzeitig soll aber auch eine Invasion der Insel vorbereitet und – falls nötig – durchgeführt werden. Ausführliche Darstellung.
21. Oktober
- Das ExComm diskutiert mögliche Luftangriffe, die einer Seeblockade folgen könnten. Ausführliche Darstellung.
22. Oktober
- Um 19 Uhr Ortszeit verkündet Kennedy in Washington eine See-Blockade im Radius von 1.250 km um Kuba. Die Marine setzt 152 Schiffe und 30.000 Mann in Bewegung, um die Blockade notfalls mit Gewalt durchzusetzen. Ausführliche Darstellung.
23. Oktober
- In Moskau verurteilt man die Blockade offiziell als „Anschlag auf die Freiheit der Weltmeere“, ist aber insgeheim froh, dass die USA keine direkten militärischen Maßnahmen eingeleitet haben. Ausführliche Darstellung.
24. Oktober
- Die Blockade tritt um 10 Uhr in Kraft. Das „Strategic Air Command“ erhält den Befehl, 2.962 atomare Waffen stationiert auf Langstrecken-Bombern, U-Booten und Interkontinental-Abschussrampen einsatzbereit zu halten.
- Nachdem die USA noch einige sowjetische Frachter passieren haben lassen, ändern 22 sowjetische Schiffe ihren Kurs kurz vor Erreichen der Blockade-Linie. Trotz der vorübergehenden Entspannung halten etliche sowjetische Schiffe weiterhin Kurs auf Kuba. Auch die Vorbereitungen für eine Invasion Kubas laufen weiter. Ausführliche Darstellung.
25. Oktober
- Nikita Chruschtschow verschickt einen „Brandbrief“ an Kennedy, in dem er dem amerikanischen Präsidenten vorwirft, den Weltfrieden zu gefährden. Zeitgleich setzt man sich in Moskau aber bereits mit dem Gedanken auseinander, den Amerikanern einen Deal anzubieten und die Raketen von Kuba abzuziehen – wenn die USA im Gegenzug auf eine Invasion Kubas verzichten.
- Im UN-Weltsicherheitsrat diskutieren die Botschafter Adlai Stevenson (USA) und Walerian Sorin (UdSSR). Sorin leugnet weiterhin die Existenz von Offensivwaffen auf Kuba, wird aber von Stevenson mit eindeutigen Aufklärungsfotos der Amerikaner „überführt“. Ausführliche Darstellung.
26. Oktober
- Die öffentliche Anspannung in den USA erreicht einen Höhepunkt. Zeitgleich führen die USA einen Atomwaffentest in der Südsee durch. Als Reaktion testet Moskau zwei Atombomben in der Atmosphäre.
- Im ExComm bedrängen die Falken Präsident Kennedy mit der Forderung, das Kuba-Problem militärisch zu lösen. Die Protokolle deuten darauf hin, dass sich Kennedy gedanklich immer weiter auf eine militärische Option zu bewegte. Gleichzeitig treten in Washington KGB-Agenten an Journalisten heran und teilen ihnen die Bereitschaft Moskaus mit, die Raketen abzuziehen. Ausführliche Darstellung.
27. Oktober
- Der sogenannte „Schwarze Samstag“ beginnt mit einem erneuten Atomwaffentest in Cape Canaveral und die Situation droht vollends zu eskalieren: Ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug verirrt sich in sowjetischen Luftraum und über Kuba wird ein U2-Aufklärungsflugzeug abgeschossen. Auf hoher See zwingt ein US-Zerstörer ein sowjetisches Atom U-Boot zum Auftauchen. Der Atomkrieg wird von einem sowjetischen Offizier verhindert, der sich weigert, die Nukleartorpedos einzusetzen.
- Bei einem abendlichen Geheimtreffen bietet Robert Kennedy dem sowjetischen Botschafter Dobrynin einen Nichtangriffspakt für Kuba an. Auch signalisiert er die Bereitschaft, die in der Türkei stationierten amerikanischen Mittelstreckenraketen abzuziehen. Dobrynin gibt diese Nachricht sofort Chruschtschow weiter. Ausführliche Darstellung.
28. Oktober
- Chruschtschow erklärt sich über Radio Moskau bereit, die Atomraketen von Kuba abzuziehen. Im Gegenzug erklärten die USA, keine Invasion auf Kuba durchführen zu wollen. Die unmittelbare Kuba-Krise ist gelöst. Ausführliche Darstellung.
Ab November 1962
- Beginn einer vorübergehenden Entspannungsphase des Kalten Kriegs
Google und Geschichte – Robin Brunold studierte neuere und Neueste Geschichte, Mittelalterliche Geschichte und politische Wissenschaften und absolvierte seinen Magisterabschluss im Januar 2013 an der LMU München. Davor hat er die Waldorfschule Ismaning besucht und mit dem externen Abitur abgeschlossen. Heute arbeitet er selbstständig im Bereich Suchmaschinenmarketing und als Freier Historiker.
Literatur und Auswahlbibliografie
- Greiner, Bernd: Die Kuba-Krise. Die Welt an der Schwelle zum Atomkrieg. 2010*.
- Greiner, Florian: Die Kuba-Krise 1962: Höhe- und Wendepunkt in der Geschichte des Kalten Krieges. 2013*.
- Steininger, Rolf: Die Kubakrise 1962. Dreizehn Tage am atomaren Abgrund*. 2011.
- Stöver, Bernd: Der Kalte Krieg. Geschichte eines radikalen Zeitalters. 2011*.
- Timmermann, Heiner: Die Kubarise 1962: Zwischen Mäusen und Moskitos, Katastrophen und Tricks, Mongoose und Anadyr. 2003.
- Webseite des „John F. Kennedy – Presidential Library an Museum“ (Umfangreiche Sammlung von Originallquellen: Bilder, Dokumente und Tonaufzeichnungen)