Olde Hansen hat ein Buch verfasst. Erzählt wird darin die Geschichte des alten Karthagos aus Perspektive eines fiktiven Karthagers. Ergänzt wird dieses „antike“ Werk um ein Vorwort über seine (vermeintliche) Entdeckung, einen aktuellen wissenschaftlichen Kommentar und eine historische Einordnung des Textes in die antike Geschichte und die moderne Geschichtsschreibung. Lesen Sie ein exklusives Interview auf Geschichte-Lernen.net
Herr Hansen, im Sommer haben Sie eine kleine „Karthagische Geschichte“ veröffentlicht. Dabei geben Sie augenzwinkernd vor, dass es sich bei Ihrem Werk um eine neu aufgefundene Quelle handele, die Sie „nur“ herausgegeben und kommentiert hätten. Wie kamen Sie dazu?
Zunächst ging es mir natürlich um Karthago. Die alte Stadt mit ihren erfahrenen Seefahrern, dem genialischen Hannibal und ihrer oft rätselhaften Kultur ist ein Thema, das mich bereits als Kind begeistert hat. Als ich dann, noch als Student, von den Ergebnissen der neuen Ausgrabungen in Karthago erfahren habe und mir die sonnigen Illustrationen der Archäologen ansah, wurde mein Interesse noch größer. Über zwei Jahrzehnte habe ich die wissenschaftlichen Diskussionen der Historiker über Karthago verfolgt und mir mit den Jahren eine Vorstellung geschaffen, wie es damals „eigentlich gewesen“ sein müsste. Danach habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, ein so komplexes Thema möglichst einfach erzählen zu können. Und das erschien mir am einfachsten, wenn ich Sie aus der Sicht eines „Zeitgenossen“ eines echten Karthagers erzähle. Mit dem anschließend verfassten Kommentar wollte ich der Geschichte meines Protagonisten Substanz geben, die Fiktion sollte mit wissenschaftlichen Methoden aufgewertet und glaubhaft gemacht werden.
Wieviel „Science“, wieviel „Fiction“ enthält Hannibal Minors „Geschichte Karthagos“?
Der übergroße Teil des Buches ist gut belegt, entweder durch antike Quellen oder archäologisch gewonnene Erkenntnisse. Natürlich habe ich hier und da improvisiert und manchmal auch ein bisschen herum gesponnen. Aber sie werden keine „Fake News“ bei Hannibal Minor finden. Zudem wird immer wieder darauf hingewiesen, wenn der Leser vollkommen neue Nachrichten aus Karthago erhält. Ich denke, falls irgendwann wirklich eine Geschichte Karthagos aus der Feder eines Karthagers gefunden werden wird: Sie wird sich nicht viel anders darstellen als mein Hannibal. Und: Vielleicht bereitet es dem einen oder anderen Leser ja auch Freude, „mitzuraten“: Ist diese Sache, von dich da gerade lese, wirklich überliefert oder erfunden?
Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere an der Geschichte Karthagos? Warum sollte sich ein heutiger Leser noch Gedanken um Karthago machen?
Die alten Karthager haben es offenbar immer wieder verstanden in stabilen politischen Verhältnissen zu leben und gleichzeitig über materiellen Wohlstand zu verfügen. Dabei haben sie verblüffend wenige Kriege geführt. Es gab immer wieder mehrere Generationen andauernde Friedenszeiten im karthagischen Herrschaftsgebiet. In dieser Hinsicht stehen uns die Karthager heute sicherlich näher als die kriegerischen Griechen und Römer. Meiner Meinung nach könnten wir heute tatsächlich aus der karthagischen Geschichte lernen.
Wie wurde Ihr Buch bisher aufgenommen?
Die Verkaufszahlen sind natürlich gering. Gleichwohl finden sich interessierte Leser und ich habe viel Anerkennung erhalten. Ein amazon-Rezensent hat mir übrigens einen wunderbaren Spiegel vorgehalten, indem er meinen kleinen Hannibal für bare Münze nahm und sich bei seiner Rezension ebenfalls der kontrafaktischen Geschichtsschreibung bediente. Das hat mich sehr gefreut.
Zum Buch:
Olde Hansen, Die Geschichte Karthagos – 108 Seiten
Veröffentlicht 2018 bei epubli
ISBN 9783746735191
Text und Bilder: © Olde Hansen. Alle Rechte vorbehalten.